Medikamente, Psychotherapie, pädagogische Unterstützung – für die ADHS-Therapie empfehlen Expertinnen und Experten eine Kombination aus verschiedenen Behandlungsmethoden, um betroffenen Kindern bestmöglich zu helfen und ihnen den Alltag zu erleichtern. Welche das sind und mehr über ihre Vor- und Nachteile, erfährst du hier.
Eine möglichst frühzeitige Diagnose und eine gut auf das Individuum abgestimmte Therapie sind entscheidend, um die Entwicklung eines Kindes mit ADHS positiv zu beeinflussen. Verschiedene Behandlungsmethoden helfen dabei, Symptome wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität besser zu bewältigen. Sie stärken soziale und schulische Fähigkeiten und reduzieren das Risiko für spätere Probleme wie Lernschwierigkeiten, einen geringen Selbstwert, Angst- und Verhaltensstörungen oder andere Folge- und Begleiterkrankungen. Mit der passenden Therapie können betroffene Kinder in der Regel im Alltag gut zurechtkommen.
Expertinnen und Experten empfehlen neben grundlegender Information und Beratung der Eltern derzeit folgende Ansätze zur Behandlung der gängigen Kernsymptome:
Für diese Therapieverfahren gibt es offizielle Leitlinien und zusätzlich Empfehlungen zur Durchführung. Darüber hinaus besteht eine Vielzahl weiterer Ansätze, die wissenschaftlich jedoch noch nicht so gut untersucht sind, als dass sie offiziell als wirkungsvoll eingestuft werden können.
Die Wirkung der einzelnen Behandlungsformen kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Therapieempfehlungen müssen demnach in jedem Fall individuell je nach Symptomatik und Familienstruktur ausgesprochen und regelmäßig angepasst werden.
Ein multimodaler Ansatz, also eine Kombination aus Verhaltenstherapie, medikamentöser Behandlung und pädagogischer Unterstützung, hat sich als besonders wirksam erwiesen. Dieser vielfältige Ansatz entspricht auch der sogenannten bio-psycho-sozialen Betrachtung von ADHS, also der Herangehensweise, die Entwicklungsstörung nicht allein neurobiologisch, sondern ganzheitlich zu betrachten. Darüber hinaus brauchen viele Kinder und Jugendliche ergänzend zur ADHS-Therapie noch weitere Therapien für etwaige Begleiterkrankungen.
Ziel der Verhaltenstherapie – einem Psychotherapie-Richtlinienverfahren – ist es, mit der Familie auslösende und aufrechterhaltende Faktoren der Symptomatik zu finden und alternatives Verhalten zu etablieren. Es geht um die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit und Impulskontrolle, aber darüber hinaus auch immer darum, am konkreten Verhalten zu arbeiten und den Leidensdruck zu reduzieren.
Hierbei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, wie etwa Verstärkersysteme, bei denen positives Verhalten gezielt belohnt wird, um es langfristig zu festigen. Ein weiteres bewährtes Verfahren ist das Selbstinstruktionstraining. Hier lernen die Kinder, ihr eigenes Verhalten durch innere Anweisungen wie "Erst denken, dann handeln" zu steuern. Soziale Kompetenztrainings in Form von Rollenspielen oder Gruppentherapien unterstützen zudem die Entwicklung sozialer Fertigkeiten und den Umgang mit Gleichaltrigen.
Es gibt etwa Elterntrainings, Trainings im Kindergarten oder in der Schule oder auch Einzeltrainings zwischen dem Kind und einer Therapeutin oder einem Therapeuten. Die Einbeziehung der Familie und des Umfelds ist also ein wichtiger Bestandteil und zentraler Wirkfaktor, um das in der Therapie gelernte Wissen auf den Alltag zu übertragen. Durch Psychoedukation werden Eltern über die Ursachen und Auswirkungen von ADHS informiert. Sie lernen Strategien zur Strukturierung des Alltags kennen, wie klare Regeln, feste Routinen und einen besseren Umgang mit herausforderndem Verhalten.
Ein Vorteil der Verhaltenstherapie ist, dass sie Kindern sowie ihren Familien alltagsnahe Handlungsmöglichkeiten vermittelt. Allerdings erfordert sie die aktive Mitarbeit aller Beteiligten und reicht bei ausgeprägten ADHS-Symptomen allein in den meisten Fällen nicht aus.
Die medikamentöse Therapie wird oft als ergänzende Methode zum psychotherapeutischen Ansatz empfohlen, um neben den verhaltensbezogenen auch die biologischen Aspekte von ADHS zu behandeln.
Häufig eingesetzte Medikamente sind das stimulierende Methylphenidat (z. B. Ritalin, Medikinet) sowie das beruhigende Atomoxetin. Diese Medikamente wirken, indem sie die Regulierung der Hormone Dopamin und Noradrenalin im Gehirn verbessern, was die Aufmerksamkeit erhöht und impulsives Verhalten reduziert.
Die medikamentöse Therapie hat den Vorteil, dass sie sehr schnell wirkt, sie bringt allerdings in seltenen Fällen auch mögliche Nebenwirkungen mit sich. Dazu gehören Appetitlosigkeit, Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafprobleme und emotionale Schwankungen. Regelmäßige Kontrollen beim Arzt oder Kinderpsychiater sind notwendig, um die Dosierung individuell anzupassen und Nebenwirkungen zu minimieren. Pflanzliche Mittel zeigen bei ADHS keine konsistent belegte Wirksamkeit.
Ein häufig diskutiertes Thema bei dieser Form der Behandlung ist, dass die Medikamente angeblich nicht von selbst wirkten und die Betroffenen es auch selbst wollen müssten. Das ist aber nur teilweise korrekt: ADHS-Medikamente wirken unabhängig vom Willen des Kindes auf neurochemischer Ebene. Aber um ihr Potenzial noch mehr auszuschöpfen und langfristig positive Veränderungen im Alltag zu erreichen, ist die aktive Mitarbeit des Kindes notwendig. Durch die Medikation wird ADHS nicht geheilt, doch die Mitarbeit des Kindes ist häufig erst möglich, wenn sie durch Medikamente in der Lage sind, zuzuhören und Strategien auszuprobieren.
In Kombination mit verhaltenstherapeutischen und medikamentösen Maßnahmen können ergänzende Therapieansätze bei der Behandlung von ADHS wertvolle Unterstützung bieten:
Ein Vorteil dieser Ansätze ist, dass sie alltagsnahe Fähigkeiten fördern und das Wohlbefinden des Kindes verbessern können. Allerdings ist die Wirkung vieler dieser Methoden wissenschaftlich nicht oder nur begrenzt nachgewiesen und keine von ihnen reicht als alleinige Behandlungsform aus. Zudem sind sie nur sinnvoll, wenn das Kind auch Lust darauf hat – andernfalls lässt es sich womöglich nicht darauf ein. Sie sollten stets individuell, bedarfsorientiert und erst nach Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt in den Behandlungsplan integriert werden.
Die Eltern und das soziale Umfeld spielen eine zentrale Rolle in der erfolgreichen Behandlung von ADHS bei Kindern. Vor allem Elternarbeit und eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist entscheidend, da positive Erziehungsmethoden, klare Regeln und feste Strukturen im Alltag wesentlich zur Stabilität und Orientierung des Kindes beitragen.
In der Schule sind Maßnahmen wie Nachteilsausgleiche, beispielsweise verlängerte Arbeitszeiten bei Klassenarbeiten oder individuelle Förderpläne, hilfreich, um den schulischen Erfolg zu unterstützen. Es ist also sinnvoll, dass die Eltern eng mit Lehrkräften, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern sowie Schulpsychologinnen und -psychologen zusammenarbeiten und so ein unterstützendes Umfeld schaffen.
Diese Aufgabe kann für Eltern aber auch zur großen Belastung werden. Deshalb bieten zum Beispiel Netzwerke und Selbsthilfegruppen nicht nur eine wichtige Ressource für Informationen und Praxistipps, sondern können Eltern auch emotional stärken und ihnen wertvolle Hilfestellungen im Umgang mit herausforderndem Verhalten geben.
ADHS-Symptome bestehen häufig bis ins Erwachsenenalter, verändern sich jedoch mit der Zeit und lassen sich bei vielen später durch Reifeprozesse und angepasste Strategien besser kontrollieren. Allgemein gilt ADHS als gut behandelbar, es erfordert jedoch einen individuell angepassten Therapieplan und eine kontinuierliche Begleitung. Eine frühzeitige Diagnose, der multimodale Behandlungsansatz und eine konsequente, langfristige Förderung können die Lebensqualität betroffener Kinder erheblich verbessern.