Wenn die Haut aus dem Gleichgewicht gerät, kann das chronische Beschwerden auslösen. Erfahre, wie das Hautmikrobiom die Hautgesundheit beeinflusst – und was du tun kannst, um die Hautbarriere deines Kindes zu stärken und Hautproblemen vorzubeugen.
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
ServiceCenter AOK-Clarimedis
Die Haut ist das größte Organ des menschlichen Körpers – und eines der wichtigsten. Sie schützt unter anderem vor Krankheitserregern und reguliert die Körpertemperatur. Doch ihre Bedeutung reicht weit darüber hinaus, denn die Haut dient auch als ein zentrales Sinnesorgan, ein Ausdruck von Gesundheit und nicht zuletzt ein Teil unserer Identität.
Gerade im Kindesalter übernimmt die Haut viele Aufgaben. Sie wächst mit dem Körper mit, passt sich an neue Umwelteinflüsse an und zeigt oft als Erste, wenn etwas aus dem Gleichgewicht gerät – sei es durch Infektionen, Allergien oder Stress. Hautveränderungen sind deshalb manchmal das erste Warnzeichen, das Eltern bemerken.
Die Haut ist ein lebendiges Ökosystem. Schon kurz nach der Geburt besiedeln Milliarden von Mikroorganismen die Haut eines Neugeborenen: Bakterien, Pilze und Viren, die zusammen das sogenannte Hautmikrobiom bilden. Diese mikrobielle Hautflora ist für die Gesundheit der Haut so wichtig wie ein stabiles Immunsystem und eng mit diesem verbunden.
Wie sich das Mikrobiom entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab. Einen entscheidenden Einfluss hat bereits die Geburt: Kinder, die vaginal geboren werden, kommen zuerst mit den Mikroorganismen aus dem Geburtskanal in Kontakt. Bei einem Kaiserschnitt fehlen diese frühen Impulse – das kann die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen. Auch Muttermilch enthält wertvolle Bakterien und sogenannte Präbiotika, die das Wachstum nützlicher Mikroorganismen fördern.
Mit jedem Lebensmonat wird das Mikrobiom vielfältiger. Es passt sich an die Umgebung an, verändert sich mit dem Hauttyp, der Ernährung und der Pflege. Auch Berührungen, Windeln, Kleidung oder das Klima hinterlassen Spuren im mikrobiellen Gleichgewicht. Besonders in der frühen Kindheit ist die Hautflora noch instabil – und damit anfällig für Störungen.
In der Pubertät verändert sich das Mikrobiom erneut deutlich. Durch die hormonelle Umstellung produziert die Haut mehr Talg, was das Wachstum bestimmter Bakterien begünstigt. Diese Umstellungen sind normal, können aber bei entsprechender Veranlagung Hautprobleme verstärken.
Für den Schutz des Körpers hat die Haut zwei zentrale Akteure: das Hautmikrobiom und die sogenannte Hautbarriere. Das Hautmikrobiom mit all seinen Mikroorganismen ist der biologische Schutzschild und als solches ein Teil der Hautbarriere. Die Hautbarriere ist der physikalische Schutzschild. Sie besteht aus mehreren Lagen und wirkt wie eine Mauer: Hautzellen liegen dicht an dicht, eingebettet in eine Fettschicht. Diese verhindert den Feuchtigkeitsverlust und hält Schadstoffe, Krankheitserreger und Allergene fern.
Ist die Hautbarriere geschwächt, verliert die Haut Feuchtigkeit – Reizstoffe und Keime haben leichteres Spiel. Typische Folgen können sein: trockene, gerötete oder gespannte Haut, Juckreiz und kleine Risse. Bei Kindern ist die Hautbarriere noch nicht vollständig ausgereift und dadurch besonders empfindlich. Häufiges Waschen, aggressive Pflegeprodukte oder Umweltreize können sie schnell aus dem Gleichgewicht bringen.
Auch das Mikrobiom reagiert sensibel. Gerät das Verhältnis zwischen „guten“ und potenziell schädlichen Keimen aus dem Lot, spricht man von einer Dysbiose – einem gestörten Mikrobiom. Die Haut wird dann anfälliger, etwa für Entzündungen oder chronische Hautkrankheiten: Bei Neurodermitis finden entzündungsfördernde Bakterien ideale Bedingungen. Bei Akne gedeihen bestimmte Keime besonders gut im talgreichen Hautmilieu der Pubertät. Und auch bei Schuppenflechte, Nesselsucht oder Kontaktekzemen ist das mikrobiologische Gleichgewicht häufig gestört.
Ein geschwächtes Mikrobiom allein löst keine Krankheit aus – aber in Kombination mit einer geschädigten Hautschutzschicht und äußeren Reizen kann es Beschwerden verstärken. Umso wichtiger ist es, beide Schutzsysteme zu stärken und im Gleichgewicht zu halten.
Welche Faktoren der Haut schaden und Einfluss auf Hautkrankheiten nehmen können, liest du im Artikel „Chronische Hautkrankheiten verstehen“.
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Genetische Einflussfaktoren auf die Hautgesundheit lassen sich nicht beeinflussen. Doch da auch der Alltag und die Umwelteinflüsse so eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Ausprägung von Krankheiten spielen, ist dies eine Möglichkeit für Eltern, die Haut ihrer Kinder zu stärken und damit ihre Gesundheit zu fördern. Bestimmte Gewohnheiten und Pflegeentscheidungen können die Haut schützen oder Symptome verringern.
Während zu häufige Hygiene die Hautbarriere schwächt, ist regelmäßige, kindgerechte Pflege natürlich wichtig. Für die meisten Kinder reicht tägliches Waschen mit klarem Wasser und einer milden Waschlotion, Haarewaschen ein- bis zweimal pro Woche sowie kurzes, nicht zu heißes Baden nach Bedarf – je nach Alter, Aktivität und Hautzustand.
Textilien, Waschmittel, Duftstoffe oder bestimmte Kosmetika können Hautreizungen auslösen oder verstärken. Empfehlenswert sind Kleidung aus Baumwolle oder Leinen, hypoallergene Waschmittel ohne Duftstoffe und möglichst wenige verschiedene Pflegeprodukte. Auch Tattoos, schwarzes Henna (mit PPD-Zusatz) oder Karnevalsschminke können bei empfindlicher Haut Reaktionen auslösen. Neue Kleidung sollte vor dem ersten Tragen mindestens einmal gewaschen werden, um mögliche Rückstände auszuspülen. Gerade bei hautempfindlichen Säuglingen und Kleinkindern empfiehlt es sich, gebrauchte Kleidung mit einem milden, allergiegetesteten Waschmittel zu waschen.
Trockene Heizungsluft im Winter kann die Haut zusätzlich austrocknen. Eine Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent ist ideal. Regelmäßiges Stoßlüften, Schüsseln mit Wasser auf der Heizung oder Luftbefeuchter können helfen. Auch die Kleidung spielt eine Rolle: Atmungsaktive Schichten vermeiden Überhitzung und starkes Schwitzen – beides kann empfindliche Haut reizen. Wohnräume sollten zudem immer rauchfrei sein.
Bei manchen Kindern können bestimmte Lebensmittel Hautprobleme verschlimmern, zum Beispiel Kuhmilch, Zitrusfrüchte oder stark verarbeitete Produkte. Ein Ernährungstagebuch hilft, Zusammenhänge zu erkennen. Achtung: Ernährungsumstellungen sollten immer erst nach Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin erfolgen.
Da Stress als häufiger Auslöser für bestimmte Krankheitsschübe gilt, sind Rituale, Ruhephasen und ausreichend Schlaf wichtig, um den Körper zu entlasten. Kindgerechte Entspannungstechniken wie Atemübungen, Kinder-Yoga, Vorlesen oder einfach mal Langeweile können helfen. Und auch für Eltern gilt: Achtsamkeit und Selbstfürsorge. Wer gut auf sich selbst aufpasst, kann auch das Kind besser unterstützen.
Weniger ist oft mehr: Milde, parfümfreie Produkte ohne reizende Zusätze wie Alkohol oder bestimmte Konservierungsstoffe sind für empfindliche Kinderhaut besonders geeignet. Rückfettende und hydratisierende Cremes – etwa auf Basis von Urea (nicht für Babys geeignet), Panthenol oder pflanzlichen Ölen – stärken die Hautbarriere, vor allem nach dem Duschen oder Baden. Auch bei diesen milden Inhaltsstoffen sollten Eltern auf mögliche allergische Reaktionen achten. Wichtig: nur kurz und lauwarm baden, nicht rubbeln, sondern sanft abtupfen und sofort eincremen. Schulkinder oder Jugendliche benötigen eine andere Pflege als Babys und Kleinkinder.
Die Wirksamkeit vieler Produkte ist jedoch noch nicht abschließend belegt. Wichtig ist, dass die Pflege zur Haut deines Kindes passt. Ideal sind reizfreie Produkte ohne Parfüm, Alkohol oder aggressive Tenside. Mikrobielle Pflege ersetzt keine medizinische Behandlung, kann aber ein sinnvoller Baustein im Alltag sein.
Chronische Hautprobleme entstehen nicht über Nacht – und sie lassen sich selten mit einem einzigen Mittel lösen. Doch du kannst viel tun, um die Hautgesundheit deines Kindes zu stärken. Das Wissen um das Hautmikrobiom ist dabei bereits ein entscheidender Schritt. Je früher du beginnst, die Hautbarriere aufzubauen und das Gleichgewicht der Hautflora zu schützen, desto besser. Das gilt besonders bei empfindlicher oder vorgeschädigter Haut. Beobachte Veränderungen, achte auf Signale wie Juckreiz oder trockene Stellen und scheue dich nicht, ärztlichen Rat einzuholen, wenn Beschwerden länger bestehen oder sich verschlimmern. Auch wenn manche Hautkrankheiten nicht heilbar sind, lassen sie sich meist gut behandeln – vor allem, wenn du als Elternteil gut informiert bist.