Gaming, Streaming, Social Media: Der digitale Alltag prägt unsere Kinder wie nie zuvor. Doch ab wann wird aus Mediennutzung ein Gesundheitsrisiko? Eltern brauchen klare Orientierung.
Medienpädagogin und Mediencoach bei der Initiative SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.
Digitale Medien prägen die Kindheit von heute, und die Bildschirmzeit steigt mit jedem Lebensjahr. Online-Unterricht, digitale Treffen mit Freunden, Gaming als Zeitvertreib – das ist für viele Familien zur Normalität geworden. Heute konkurrieren Tablet, Smartphone, Spielkonsole und Smart-TV permanent um die Aufmerksamkeit unserer Kinder. Dabei verschwimmen die Grenzen: Ist die YouTube-Doku noch Lernen? Macht das Lernspiel wirklich schlauer? Wo hört sinnvolle Nutzung auf und wo beginnt problematischer Konsum?
Bildschirme beeinflussen den Körper direkt. Das blaue Licht hemmt die Melatonin-Produktion – das Hormon, das müde macht. Die Folge: Kinder kommen abends schwer zur Ruhe. Gleichzeitig schüttet das Gehirn beim Gaming oder bei der Social-Media-Nutzung Dopamin aus. Dieser Botenstoff aktiviert das Belohnungszentrum und macht Lust auf mehr.
Bei Reizüberflutung produziert der Körper Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin. Der Organismus bleibt in Alarmbereitschaft. Besonders problematisch: Digitale Medien nutzen gezielt psychologische Mechanismen. Likes, Level-Aufstiege und Belohnungen wirken als Mittel, um Verhalten zu festigen.
Diese biologischen Prozesse sind normal; kritisch wird es erst, wenn sie überhandnehmen. Doch woran erkennen Eltern, dass die Grenze überschritten ist?
Laut dem aktuellen Kindergesundheitsatlas der AOK Rheinland/Hamburg kommt es nicht nur darauf an, wie lange ein Kind vor dem Bildschirm sitzt; entscheidend sind auch die Inhalte der genutzten Medien sowie ihre Wirkung. Problematisch wird es, wenn Freunde, Hobbys oder Schulaufgaben zu kurz kommen und beim Kind körperliche oder psychische Veränderungen festzustellen sind. Spätestens dann sollten Eltern eingreifen und gemeinsam mit dem Kind nach Lösungen suchen.
Die Reizüberflutung kann das kindliche Nervensystem überfordern. Viele Kinder werden unruhig und gereizt, wenn die Medienzeit endet. Hobbys, Sport und Freunde können in den Hintergrund rücken. Oft leiden die Schulleistungen, Hausaufgaben bleiben liegen. Bei Medienentzug kann es zu heftigen Wutausbrüchen kommen. Das ständige Verlangen nach "nur noch fünf Minuten" droht den Alltag zu dominieren. Heimliche Nutzung nachts oder Lügen über die tatsächliche Bildschirmzeit können sich häufen.
Manche Kinder ersetzen reale Freundschaften durch Online-Kontakte und empfinden Familienaktivitäten zunehmend als lästig. Sie ziehen sich möglicherweise immer mehr zurück. FOMO – die Angst, (online) etwas zu verpassen – kann den Tagesablauf bestimmen. Häufig entwickeln sich Stimmungsschwankungen sowie Konzentrationsprobleme in der Schule.
Die Warnsignale können, je nach Art der Mediennutzung, unterschiedlich ausfallen. Denn nicht alle Bildschirmaktivitäten wirken gleich. Jedes Medium hat seine eigenen Mechanismen und damit auch Gefahren, die Eltern kennen sollten. Ein genauer Blick hilft, die richtigen Schwerpunkte bei der Medienerziehung zu setzen.
Diese Risiken bedeuten nicht, dass Medien grundsätzlich schädlich sind. Mit den richtigen Strategien können Eltern ihren Kindern einen bewussten Medienkonsum nahelegen und als Familie eine gesunde Balance finden.
Wenn Warnsignale sich häufen und Familienregeln nicht greifen, ist professionelle Unterstützung sinnvoll. Die AOK bietet konkrete Hilfe: Der Familiencoach Kinderängste unterstützt bei medienbedingten Ängsten.
Trotz aller Risiken: Digitale Medien sind nicht immer nur der Feind, sie bieten auch Chancen. Sie fördern technische Kompetenzen, ermöglichen kreatives Lernen und helfen dabei, den Kontakt zu Freunden zu halten – und sie gehören heute zur Lebenswelt unserer Kinder. Die Herausforderung liegt darin, die positiven Aspekte zu nutzen und die Risiken zu minimieren. Das erfordert Balance: aufmerksame Begleitung statt strikter Verbote, klare Regeln statt Beliebigkeit. Kinder brauchen Unterstützung beim Erlernen von Medienkompetenz. So wird aus digitaler Faszination eine Zukunftskompetenz – gesund und selbstbestimmt.
Wie viel Zocken ist okay – und wann wird’s zu viel? In dieser Folge sprechen wir mit dem Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Daniel Illy über die Wirkung von Computerspielen auf das kindliche Gehirn. Wir klären, was beim Zocken im Körper passiert, warum digitale Spiele eine solche Faszination ausüben und woran Eltern erkennen, wenn’s zu viel wird. Moderator Rainer Maria Jilg fragt für euch nach: Wie finden Eltern einen gesunden Umgang mit Gaming? Und wie lässt sich ein ausgewogenes Maß im Familienalltag umsetzen?
Unter 0800 1 265 265.